Begrüßung durch den Präsidenten der Gesellschaft für Natur-und Heilkunde
Sehr geehrte Mitglieder der Gesellschaft für Natur und Heilkunde,
Werte Gäste, hochverehrte Präsidenten der Ärztekammer und der Apothekerkammer Berlins, Herr Dr. Jonitz und Herr Dr. Belgardt.
Wir haben uns heute in diesem ehrwürdigen Haus zusammengefunden, um Martin Heinrich Klaproths anlässlich seines 200. Todestages zu gedenken, ihn zu würdigen und für seine Leistungen zu ehren. M. H. Klaproth hat sich große Verdienste um Berlin und den Fortschritt der Wissenschaft erworben.
Als Kind eines armen Schneiders hat Martin Heinrich Klaproth es mit Intelligenz, Energie, enormem Fleiß und Kreativität geschafft, Mitglied der namhaften Berliner Akademie der Wissenschaften und ohne Studium und Promotion erster Professor für Chemie an der 1810 neu gegründeten Berliner Universität zu werden. Seine wirkungsreiche Tätigkeit konzentrierte sich vor allem auf die Fachgebiete: Pharmazie, Chemie und Medizin.
Es ist uns deshalb eine ganz besondere Freude und Ehre, dass dieses Symposion mit Unterstützung der Ärztekammer und der Apothekerkammer Berlins stattfinden kann und sich auch Chemiker an dem wissenschaftlichen Programm aktiv beteiligen.
Die Präsidenten der Kammern bringen durch ihre Anwesenheit ihren Respekt und ihre Achtung vor den Leistungen Martin Heinrich Klaproths zum Ausdruck.
Sie werden nach der musikalischen Eröffnung des Symposiums Grußworte an uns richten und hierin die Persönlichkeit Klaproths aus ihrer jeweiligen Sicht würdigen. Schon jetzt hierfür ein herzliches Dankeschön.
Während viele der Werke und Entdeckungen Martin Heinrich Klaproths naturgemäß heute nur noch historisch zu betrachten sind, besteht die von ihm 1810 mitgegründete Gesellschaft für Natur-und Heilkunde in Berlin, die GNH, zeitweilig auch Klaproth- Gesellschaft genannt, seit nunmehr 217 Jahren und ist als Berliner Wissenschaftsgesellschaft weiterhin aktiv und vital.
Martin Heinrich Klaproth hat als Gründungspräsident die GNH strukturiert und bis zu seinem Tod im Januar 1817 geleitet.
Die Gründung dieser Gesellschaft war ein weitsichtig geplanter Schritt in die Zukunft.
Die GNH ist heute noch der von Klaproth angestrebten Zielsetzung des engen Zusammenwirkens von Naturwissenschaftlern und Ärzten eng verbunden und ist stolz darauf, auch den Vorstellungen Klaproths und des bekannten Anatomen Karl Asmund Rudolphies: „Der Mensch darf in dem Gelehrten nie untergehen“ zu entsprechen und ihre wissenschaftliche Sitzungen auf einem jeweils aktuellem hohem Niveau durchführen zu können.
In den 217 Jahren ihres Fortbestehens hat sich Gesellschaft weiterentwickelt und hatte in diesem Zeitraum eine Vielzahl von hoch angesehenen, namhaften Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Pionieren in ihren Reihen, die zum Teil Wissenschaftsgeschichte in den Naturwissenschaften und der Medizin geschrieben haben.
Im Sinne des Zusammenwirkens der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen ist das Programm des Ehrensymposiums zusammengestellt worden, indem Ärzte, Apotheker und Naturwissenschaftler gemeinsam das Werk und die Persönlichkeit Martin Heinrich Klaproths würdigen und die aktuellen Wissenschaftsbezüge zu unserer Zeit aufzeigen.
Ich habe nun die Freude, auf die musikalische Eröffnung des Ehrensymposiums hinweisen zu dürfen. Diese erfolgt durch das Mitglied der GNH, Herrn Privatdozent Dr. rer. nat. Dr. med. Claus Köppel. Er spielt am Cembalo, Bezug nehmend auf die Thematik unseres Symposiums, die Komposition von Jan-Ferré Rebell: „Les Éléments“.
Herr Köppel ist in Berlin geboren, hat Chemie an der Technischen Universität Berlin studiert und wurde 1964 zum Dr. rer. nat. promoviert. Zeitgleich zum Chemiestudium studierte er an der Universität der Künste in Berlin Kirchenmusik. Nachfolgend nahm er das Studium der Humanmedizin auf und schloss dies 1984 mit der Approbation ab. 1986 folgte die Promotion zum Dr. med. und 1991 die Habilitation für das Fach Innere Medizin. Herr Köppel arbeitete langjährig als Intensivmediziner, als Oberarzt der Intensivstation der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin und wurde 1996 Chefarzt und Direktor der Klinik für Innere Medizin / Geriatrie des Vivantes Wenckebach-Klinikums. Herr Köppel spielt neben dem Cembalo auch Klavier, Clavicord und Orgel.
Wir dürfen uns nun zur Eröffnung unserer Tagung freuen auf die angekündigte musikalische Kostbarkeit:
„Les Éléments“
Programm
9.15 – 9.30 Musikalische Eröffnung
Jean-Fery Rebel (1666-1747)
Les Éléments,
9.30 – 9.45 Begrüßung durch den Präsidenten der GNH und Verleihung der Martin-Heinrich- Klaproth-Ehrenmedaille
9.45 – 10.15 Das Leben Martin Heinrich Klaproths und die Gründung der GNH
Hesse, Berlin
10.15 – 10.35 Martin Heinrich Klaproth – Berliner Apotheker und Wissenschaftler
10.35 – 11.00 Pause
11.00 – 11.30 Klaproth als Chemiker
Müller, Berlin
11.30 – 12.00 M. H. Klaproth und Johann Bartholomäus Trommsdorff – zwei Wegbereiter
der wissenschaftlichen Pharmazie in Deutschland
12.00 -12.30 Von Klaproths Entdeckung des Urans über das Atomzeitalter bis zur Kernfusion
12.30 – 12.50 Klinische Nutzung von radioaktiver Strahlung in der modernen Radiotherapie
– Schlussbetrachtungen –
12.50 – 13.00 Musikalischer Ausklang
Edgar Varèse (1883-1965) Density 21.5
ab 13.00 Kleiner Imbiss im Foyer
Referenten
Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw Fritz-Haber-Institut der
Max-Planck-Gesellschaft
Faradayweg 4 – 6, 14195 Berlin
Prof. Dr. rer nat. Christoph Friedrich Institut für Geschichte der Pharmazie der
Philipps-Universität
Marburg, Roter Graben 10, 35032 Marburg
Prof. Dr. med. Volker Hesse Charité Universitäts-medizin Berlin, Otto-
Heubner-Centrum (OHC)
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Präsident der GNH
Prof. Dr. rer. nat. Matthias F. Melzig Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin,
Königin-Luise-Str. 2+4, 14195 Berlin
Prof. em. Dr. rer. nat Jörn Müller Inst. für Chemie, Techn. Universität Berlin,
Str. des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Vizesekretär der GNH
Musikalische Gestaltung: PD Dr. rer. nat. Dr. med. Claus Köppel,
Mitglied der GNH, Berlin, Cembalo
Univ.-Prof. em. Dr. med. Müller- Oerlinghausen
vormals Psychiatrische Klinik der FU Berlin, Querflöte
Die Veranstaltung wird unterstützt von der Ärztekammer Berlin und der Bayer Pharma AG.
Anmerkung: Fortbildungspunkte wurden bei der Ärztekammer Berlin und der Apothekerkammer Berlin beantragt.
Grußwort des Präsidenten der Ärztekammer Berlin
Jonitz_Grußwort_Klaproth-Ehrensymposium
Grußwort des Präsidenten der Apothekerkammer Berlin
Belgardt_Grußwort_Klaproth-Ehrensymposion
und Verweis auf den Artikel: „Giftige Geheimrätin“
Belgardt_Giftige Geheimrätin aus „das-blaettchen.de/2012/04/giftige-geheimraetin-11033.html
Verleihung der Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrenmedaille der Gesellschaft für Natur-und Heilkunde an Professor Dr. Dr. h. c. mult. Dieter Großklaus
Die Laudatio und Übergabe der Medaille erfolgte durch Prof. Dr. med. Volker Hesse,
Präsident der GNH
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe nun die Freude, die Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrenmedaille der Gesellschaft für Natur-und Heilkunde anlässlich dieses Ehrensymposiums einem langjährigen und verdienstvollen Mitglied der GNH, Herrn Professor Dr. med. vet. Dr. h. c mult. Dieter Großklaus, überreichen zu dürfen.
Professor Großklaus wurde am 3. März 1930 in Mühlhausen in Thüringen geboren. Er studierte Veterinärmedizin an der Humboldt-Universität und nachfolgend an der Freien Universität Berlin. Nach seiner Promotion zum Dr. med. vet . an der FU im Jahr 1955 erfolgte bis 1960 ebenda seine Spezialisierung als Lebensmittelhygieniker in der international renommierten Schule Professor Lerche’s. Von 1960 bis 1962 war er Amtstierarzt in Berlin-Charlottenburg. 1962 erfolgte seine Berufung als leitender Lebensmittelhygieniker in das Bundesgesundheitsamt. 1972 wurde er Begründer und Leiter des Instituts für Veterinärmedizin – des Robert von Ostertag-Institutes – in Berlin. Von 1984 – 1993 war er Präsident des Bundesgesundheitsamtes der Bundesrepublik Deutschland und wirkte u. a. an entscheidenden Entwicklungen im öffentlichen Gesundheitswesen und für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit. So war er Leiter des Forschungs- und Ausbildungszentrums für Lebensmittelhygiene und Zoonosenbekämpfung der WHO und Welternährungsorganisation (FAO).
Professor Großklaus ist Mitglied verschiedener Akademien und wissenschaftlicher Gesellschaften wie der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt (gegr. 1754) und den National Academies of Practice (NAP) der USA. Von 1994 – 1999 war er Vorsitzender der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft. Langjährig und auch noch heute arbeitet er im Kuratorium der Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen mit, die sich in den Räumen des Kaiserin-Friedrich-Hauses befindet, in dem wir heute unser Ehrensymposium abhalten können.
Für seine umfangreichen Leistungen wurde Herr Großklaus mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er 1981 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1991 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 1986 wurde ihm die Robert von Ostertag-Plakette der deutschen Tierärzteschaft, die höchste berufsständische Auszeichnung, verliehen, und die WHO zeichnete Dieter Großklaus 1992 mit ihrer höchsten Auszeichnung, der „Health-For-All–Medal“ in Gold, aus. Als weitere Auszeichnungen seien die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Budapest (1986), durch die Humboldt-Universität Berlin (1990) und durch die Universität Thessaloniki (1995) genannt.
Professor Großklaus ist ein engagierter Europäer. Das eigene Erleben des Zweiten Weltkrieges stimuliert ihn noch heute, sich intensiv und aktiv für die Einheit und den Erhalt der Europäischen Union einzusetzen. So hat er für das Jahr 2017 die Durchführung einer Europakonferenz in Berlin geplant und bereits umfangreich vorbereitet.
Herr Großklaus ist seit 35 Jahren Mitglied der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Berlin und hat durch zahlreiche Beiträge das innergesellschaftliche Leben bereichert. So hat er wissenschaftliche Symposien konzipiert und u. a. eindrucksvolle Weiterbildungsreisen für die Mitglieder der Gesellschaft organisiert. Er gehört zu den prägenden Persönlichkeiten der Gesellschaft.
Die Wahl von Professor Großklaus als Rezipient für die Verleihung der Martin-Heinrich-Klaproth- Ehrenmedaille erfolgte durch die Auszeichnungskommission der Gesellschaft einstimmig.
Es ist mir eine große Freude und Ehre, lieber Herr Großklaus, Ihnen die
Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrenmedaille
mit Dank für Ihr Wirken für die GNH und mit besten persönlichen Wünschen überreichen zu dürfen.
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Dankesansprache aus Anlass der Verleihung der Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrenmedaillewährend des Ehrensymposiums für den Wissenschaftler Klaproth am 28. Januar 2017 im Kaiserin-Friedrich-Haus
von Dieter Großklaus
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Gäste dieses Ehrensymposiums,
wenn man, wie ich, in einem Schreiben vom 21. Dezember 2016 vom Herrn Präsidenten erfährt, dass die Preisvorschlagskommission der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde einstimmig beschlossen habe, mir anlässlich des heutigen Ehrensymposiums die Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrenmedaille zu verleihen, dann stellt sich zunächst vor die zu erwartende Freude die Frage, ob man wohl diese Ehrung tatsächlich verdient hat. Weil mir auch letztlich gar nichts anderes übrigbleibt, will ich mich dem Kommissionsvotum beugen und mich über diese großartige Ehrung nicht nur aufrichtig freuen, sondern dem Vorstand und der Kommission der GNH zugleich herzlich danken.
Die besondere Freude über diese Ehrung beruht einmal auf der Tatsache, dass mit dem Namen Martin Heinrich Klaproths die beruflichen Leistungen eines Apothekers und Chemikers verbunden sind, die maßgeblich andere naturwissenschaftliche Disziplinen wie die Medizin positiv beeinflusst haben. Auch ich hatte in meinem Berufsleben das große Glück, im Bundesgesundheitsamt mein tiermedizinisches Wissen interdisziplinär zum Wohle des öffentlichen Gesundheitswesens einbringen zu können. Und zum anderen; wie glücklich dürfen wir uns heute als Mitglieder der von Klaproth vor 207 Jahren gegründeten Gesellschaft für Natur- und Heilkunde schätzen, die wir durch diese das Privileg haben, laufend interdisziplinär aus dem Schatz von Naturwissenschaften und Medizin schöpfen zu dürfen.
Dass diese Ehrung auch noch in diesem Kaiserin-Friedrich-Haus stattfindet, einem medizin-historischen Schmuckstück, in dem heute vorbildlich ärztliche Fortbildung betrieben wird, und ich hier zudem seit 1994, also über 20 Jahre, Kurator sein darf, macht mich zusätzlich glücklich. Es gibt daher kein Entrinnen. eine solche Ehrung fordert zum Weitermachen auf. Ich danke Ihnen!
Kurzfassungen der Vorträge ( Den Mitgliedern der GNH steht der Volltext aller Vorträge im Mitgliederbereich unter „Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrensymposion Vorträge“ zur Verfügung:
V. Hesse: Das Leben Martin Heinrich Klaproths und die Gründung der Gesellschaft für Natur-und Heilkunde in Berlin
„Es ist nichts zu zweifeln, dass selbst eine spätere Nachwelt, noch den Verdiensten dieses seltenen Mannes huldigen wird“ (e. G. Fischer 1819).
Martin Heinrich Klaproth, heute vor allem noch bekannt durch die Entdeckung des Urans (publiziert 1789) sowie die Entdeckung bzw. Verifizierung weiterer 6 Elemente, verstarb am 1. Januar 1817.
In Berlin arbeitete Klaproth zunächst von 1771-1780 als Provisor in der „Apotheke zum weißen Schwan“ in der Spandauer Straße. Von 1780-1800 war Klaproth Besitzer der Berliner Bärenapotheke (in der Spandauer Str., Ecke Probststraße), bevor er 1800 Ordentlicher Chemiker der Akademie der Wissenschaften in Berlin wurde. 1810 erfolgte seine Berufung als Professor für Chemie an die Berliner Universität.
Martin Heinrich Klaproth war eine immens fleißige und zielstrebige Persönlichkeit. Er führte die Methodik der exakten chemischen Analyse ein und war damit wegweisend für chemische und pharmazeutische Untersuchungen und die Prägung nachfolgender Naturforschergenerationen.
Für uns als Mediziner erscheint vor allem die 1799 erschienene „Pharmacopoea Borussia“ von Bedeutung, die er maßgeblich mitprägte. Sie gilt jetzt noch als Grundlage unserer heutigen Arzneibücher und wurde damals von vielen Ländern fast wortgetreu übernommen.
1797 wurde Klaproth Assessor des Oberkollegiums medicum, der zentralen Medizinalbehörde in Berlin und Preußen und erhielt 1799 den Titel eines Obermedizinalrats und Sanitätsrates.
Die unter Mitwirkung von Martin Heinrich Klaproth 1810, im Jahr der Eröffnung der Berliner Universität, gegründete „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Berlin“ stellte sich von Anfang an das Ziel, die Erkenntnisse der Naturwissenschaften mit dem medizinischen Wissen und der medizinischen Praxis zu verknüpfen. Neben dem Apotheker und Chemiker M. H. Klaproth, als Gründungspräsidenten, gehörten zu den ersten Mitgliedern der Gesellschaft u. a. die Ärzte Ernst Ludwig Heim, Christoph Wilhelm Hufeland, der Gründer der Militärärztlichen Akademie Johann Goercke, der Zoologe, Anatom und Naturforscher Karl Asmund Rudolphi, der Botaniker Carl Ludwig Willdenow und der Prof. für Landwirtschaft Albrecht Thaer.
Das „Martin-Heinrich-Klaproth-Ehrensymposium“ zeigt, dass das Erbe Klaproths von den Berliner Ärzten, Apothekern und Naturwissenschaftlern auch heute noch gewürdigt und gepflegt wird.
M. Melzig: Martin Heinrich Klaproth – Berliner Apotheker und Wissenschaftler
Vom Lehrjungen zum Universitätsprofessor in 51 Jahren, eine beeindruckende Karriere eines der einflussreichsten Apotheker des 18. Jahrhunderts. Martin Heinrich Klaproth begann als Lehrjunge in der Quedlinburger Rats-Apotheke und absolvierte danach die damals üblichen Stationen als Geselle in Hannover, Berlin und Danzig, um dann 1771 zunächst als Provisor in der Schwan-Apotheke in Berlin, dann als geprüfter Apotheker seine wissenschaftliche Tätigkeit neben der eines praktischen Apothekers erfolgreich zu starten. Klaproth beschäftigt sich neben seiner Arbeit als Apotheker zunehmend mit pharmazeutisch-chemischen Problemen. Nach seiner Heirat und gesicherten finanziellen Grundlagen konnte er 1780 die Bären-Apotheke für 9 500 Taler (Spandauer Str. 17/Ecke Probststraße erwerben, die er 1800 für 28 000 Taler wieder verkaufen konnte. In diese Zeit fällt die Gründung eines Privatlabors in der Apotheke und es begann die Umgestaltung des Apothekenbetriebs sowie der Ausbildung der Lehrlinge auf wissenschaftlichem Niveau. Im Jahre 1800 erfolge seine Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften Berlin als Nachfolger von Franz Carl Achard und Klaproth führt nun neben der wissenschaftlichen Tätigkeit auch akademische Lehrveranstaltungen durch.Seine Bedeutung als Apotheker für die Berliner Apothekerschaft und die Ausbildung von Pharmazeuten in Preußen liegt insbesondere auf folgenden Feldern:
– Die Versorgung mit qualitativ hochwertigen Arzneimitteln war Ausgangspunkt für seine wissenschaftlichen Untersuchungen.
– Er übte die Tätigkeit als Apothekenrevisor und Examinator aus und nahm damit Einfluss auf die Berufsauffassung von Apothekern in ganz Preußen.
– Von 1796-1806 übernahm er den Vorsitz der Berliner „Apotheker-Conferenz“, der Vorgängerin des heutigen Apotheker-Vereins und ab 1807 auch das Directorium der 1796 gegründeten „Pharmazeutischen Gesellschaft“ Berlin.
Er war einer der wenigen Menschen, dem eine glückliche Kombination von Ökonomie und Wissenschaft gelang, ein Ergebnis großen Fleißes und wissenschaftlicher Exzellenz. Als wissenschaftlich tätiger Apotheker war er einer der Mitgestalter beim Übergang vom Handwerksberuf in die Wissenschaft Pharmazie. So war er als Lehrender am Collegium medico-chirurgicum und an der Berliner Universität tätig. Besonders die Umstellung der Ausbildung von der Vermittlung reiner Stoffkenntnis (Materia medica) zu Kenntnissen über die Analytik von Arzneimitteln unter Einbeziehung praktischer Untersuchungen zählt zu seinen hervorzuhebenden Verdiensten. Im Sinne des Schutzes der Patienten vor dubiosen Händlern mit „Geheimmitteln“ betrieb er eine aktive Aufklärungsarbeit bezüglich des „Spezialitätenwesens“.
Über Berlin, Preußen und sogar Europa hinaus muss seine Mitarbeit an der Erstellung des Preußischen Arzneibuchs hervorgehoben werden, das als ein Vorbild für Arzneibücher vieler anderer Staaten galt und bis heute mit seiner Struktur den Standard setzte, der weiterhin gültig ist.
Seit dem 19. November 1979 trägt eine Apotheke in der Leipziger Straße den Namen Heinrich Klaproth-Apotheke. Dort existierte bereits einmal die Elefanten-Apotheke, die 1775 gegründet und 1955 geschlossen wurde. Der Leiter der Klaproth-Apotheke wurde PhR Dieter Terborg, der gleichzeitig Direktor des Bereichs Pharmazie und Medizintechnik und Stadtbezirksapotheker in Berlin-Mitte war. Eigentlich sollte ein kommunistischer Widerstandkämpfer der Namenspatron werden, da sich am entsprechenden Ort und in Verbindung mit der Apotheke keine Person finden ließ, konnte Terborg den Namen Heinrich Klaproth durchsetzen.
Die Enthüllung der Berliner Gedenktafel für Klaproth an der Straßenecke Nikolaikirchplatz / Propststraße erfolgte am 15. Dezember 1995.
J. Müller: Klaproth als Chemiker
Klaproths Leistungen auf dem Felde der Chemie waren sehr vielfältig, so dass in dieser Übersicht nur einige Aspekte hervorgehoben werden können. Anfänglich war er überzeugter Anhänger der von Stahl zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Berlin begründeten, in sich widersprüchlichen Phlogiston-Theorie, die den chemischen Prozess der Verbrennung zu erklären versuchte. Doch ab 1792 vertrat er gemeinsam mit S. F. Hermbstaedt als einer der ersten die von A. L. de Lavoisier entwickelte Oxidationstheorie und verhalf ihr in Deutschland zum Durchbruch.
Nach seiner Ausbildung zum Apotheker und der Weiterbildung in analytischer Chemie bei Pott und Marggraf wurde Klaproth selbst bald zum seinerzeit größten quantitativ-anorganischen Analytiker Europas. Er wandte eine äußerst sorgfältige ebenso wie kritische Arbeitsweise unter Einsatz reinster Reagenzien und peinlichster Vermeidung von Fehlerquellen an. Er entwickelte neue Aufschluss- und Trennverfahren und beendete die Unsitte, nach willkürlichen Vorstellungen korrigierte Resultate vorzulegen. Wichtigster Anwendungsbereich seiner analytischen Arbeiten war die Mineralogie. Klaproth führte einige 100 quantitative Analysen an Mineralien aus aller Welt durch, die er teils selbst sammelte, teils von Freunden und Forschungsreisenden erhielt. Er knüpfte jedoch keinerlei systematische Folgerungen an die Ergebnisse. Hätte Klaproth seine stofflich-mineralogischen Kenntnisse mit dem kristallographischen Wissen seines Zeitgenossen R.-J. Haüy vereint, wäre er auch der größte Mineraloge seiner Zeit gewesen. Seine Fähigkeiten als Analytiker und Mineraloge waren maßgebliche Voraussetzungen für all die Leistungen, die er hervorgebracht hat und für die er heute unter Chemikern bekannt ist. Das gilt insbesondere für seine Rolle als Entdecker und Mitentdecker von Elementen.
Um 1700 waren erst 15 Elemente bekannt, darunter die 7 wichtigen Metalle Eisen, Kupfer, Silber, Zinn, Gold, Quecksilber und Blei. Zwischen 1700 und 1800 wurden 18 neue Elemente gefunden, nicht weniger als 8 dieser Entdeckungen verdanken wir Klaproth allein (Uran, Zirconium) bzw. seiner Mitwirkung (Strontium, Titan, Tellur, Beryllium, Chrom, Yttrium); ein weiteres (Cer) hat er 1803 entdeckt. Diese beispiellose Erfolgsserie begann 1789 mit dem Uran und spielte sich weitgehend während seiner Zeit als Besitzer der Bärenapotheke (1780 bis 1800) ab. Das Tellur war dabei das einzige Element, das er in metallischer Form erhielt, alle übrigen Elemente lagen als Oxide vor, die er Erden nannte. Eine aus heutiger Sicht triviale, zu Klaproths Zeit sensationelle Entdeckung war sein Nachweis, dass Kalium nicht pflanzlichen sondern mineralischen Ursprungs ist.
Klaproth hat mit seinem Lebenswerk den Boden bereitet für den enormen Aufschwung, den die Chemie im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts in Deutschland und Europa genommen hat.
C. Friedrich: Martin Heinrich Klaproth und der Wegbereiter der wissenschaftlichen Pharmazie Johann Bartholomäus Trommsdorff
Der Vortrag vergleicht das Wirken der beiden aus dem Apothekerberuf hervorgegangenen Apotheker und bedeutenden Wissenschaftler Klaproth und Trommsdorff, wobei dies anhand ihrer Ausbildung, ihrer wissenschaftlichen Arbeiten und publizistischen Aktivitäten, ihre Schüler sowie ihre Beziehung zueinander erfolgt.
Während Klaproth in der Rats-Apotheke Quedlinburg nur eine Lehrzeit absolvieren konnte, in der er kaum unterrichtet wurde, und auch in der Folgezeit überwiegend auf sich allein gestellt blieb, erhielt Trommsdorff in der Weimarer-Hofapotheke eine sehr gute Ausbildung und konnte dort die Bibliothek sowie das Labor des Hofapothekers und Mediziners Wilhelm Heinrich Sebastian Bucholz (1734–1798) zum eigenen Experimentieren nutzen. Klaproth, der 1780 eine eigene Apotheke in Berlin erwarb, widmete sich in seinem Laboratorium intensiv der Forschung, zunächst pharmazeutischen Fragen, in zunehmendem Maße dann aber chemisch-analytischen Arbeiten. G. E. Dann ermittelt fast 220 Einzelpublikationen sowie zwei Bücher, die sich vor allem mit Mineralanalysen befassten. Trommsdorff veröffentlichte neben pharmazeutischen Arbeiten zahlreiche Untersuchungen, die sich im Sinne des Utilitarismus mit nützlichen Problemen wie Bierbrauerei, Kosmetik und Färbetechniken beschäftigen. Daneben entstanden auch Lehrbücher für unterschiedliche Naturwissenschaften wie Physik, Chemie und Mineralogie. Im Zentrum seines publizistischen Wirkens stand sein Journal der Pharmacie, das er 1793 begründete und ab 1818 unter dem Titel Neues Journal der Pharmacie bis 1834 fortführte. In den ersten Bänden finden sich überwiegend eigene Beiträge, bald wurde die Zeitschrift aber zum Spiegel der Naturforscher des 18./19. Jahrhunderts.
Klaproth hatte als Apothekenprinzipal und Professor der Chemie an der Berliner Universität ab 1810 zahlreiche Schüler. Sein Biograph erwähnt namentlich 32, darunter Alexander von Humboldt (1769–1859) und den Botaniker Carl Ludwig Willdenow (1765–1812). Trommsdorff lehrte ab 1795 bis zur Schließung 1816 an der Erfurter Universität und gründete 1795 ein pharmazeutisches Privatinstitut, an dem weit über 300 junge Männer, Apothekergehilfen, Gewerbetreibende und 27 Ausländer ihre Ausbildung erhielten. Darunter finden sich auch eine Reihe namhafter Pharmazeuten und neun spätere Hochschullehrer, sodass man von einer ersten wissenschaftlichen Schule auf dem Gebiet der Pharmazie sprechen kann.
Es existiert nur ein einziger erhalten gebliebener Brief Klaproths an Trommsdorff, aus dem aber eine große Verehrung der beiden Gelehrten zueinander spricht. Trommsdorff widmete Klaproth einen Band seines Journals der Pharmacie. In den von uns in den Acta Historica edierten und kommentierten Briefen von und an Trommsdorff wird Klaproth mehrfach erwähnt, insbesondere seine Mineraliensammlung, aber auch seine Krankheit, und schließlich auch seine Nachfolge. In Trommsdorffs Neue[m] Journal der Pharmacie erschien ein erster Nekrolog auf Klaproth.
A. M. Bradshaw Von Klaproths Entdeckung des Urans über das Atomzeitalter bis zur Kernfusion
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Garching und Greifswald, und Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin
100 Jahre nach der Entdeckung des Urans (in Form von Urandioxid) durch Martin Heinrich Klaproth stellte Henri Becquerel 1896 in Paris fest, dass seine Uransalz-Präparate eine Fotoplatte geschwärzt hatten. In den folgenden zwei Jahrzehnten wurden diese „Uranstrahlen“ (heute als „Radioaktivität“ bekannt, aus a-, b- und g-Strahlung bestehend) hauptsächlich durch die Arbeiten von Becquerel, den Curies, Rutherford, Soddy, Fajans und anderen näher charakterisiert. Bereits in den 1930iger Jahren wusste man, dass die beiden am häufigsten vorkommenden Uran-Isotope U-238 und U-235 (99,3% bzw. 0,7%) sowie das Thorium-Isotop Th-232, am Anfang der drei wichtigsten Zerfallsreihen stehen. Stabile Isotope von Blei bilden die Endprodukte der jeweiligen Reihe. Die zweite wichtige Eigenschaft des Urans, nämlich, die Fähigkeit zur Kernspaltung, wurde in dem berühmt gewordenen, sehr folgenreichen Experiment von Hahn und Strassmann im Dezember 1938 in Berlin entdeckt und im Monat darauf von Meitner und Frisch interpretiert. Entscheidend für die Entdeckung war der chemische Nachweis von Barium, das unter anderem als Produkt der Spaltung des U-235-Kerns durch Beschuss mit (vorzugsweise) langsamen Neutronen resultiert. Zwei bis drei Neutronen werden auch emittiert, welche die Basis für eine Kettenreaktion bilden. Da die Kernbindungsenergie pro Nukleon bei den schweren Elementen als Funktion der Massenzahl abnimmt, wird bei einer Spaltungsreaktion Energie freigesetzt. Dementsprechend ist die Gesamtmasse der Produkte der Kernreaktion niedriger als die Massensumme der Ausgangskerne bzw. -teilchen.
Die ersten Kernreaktoren in den 1940iger Jahren dienten hauptsächlich militärischen Zwecken. Die meisten bisherigen kommerziellen Kernkraftwerke zur Stromerzeugung verwenden Natururan, bei dem U-235 bis zu ca. 5% angereichert ist, mit Wasser als Moderator. Eine andere Vorgehensweise stellt der Brutreaktor dar, in dem das häufigste Uranisotop U-238 mit schnellen Neutronen gespalten wird. Dies ermöglicht eine viel effektivere Verwendung des Uran-Brennstoffs (Energiemenge pro kg Uran).Technische Schwierigkeiten sowie Bedenken wegen Proliferation (Verbreitung von Kernwaffen bzw. von spaltbaren Materialien) wiegen jedoch schwerer als die Vorteile von Brütern wie höhere Effizienz und weniger Abfälle. (Ein „thermischer“ Brutreaktor unter Verwendung von Th-232 ist im Prinzip auch möglich.) Immerhin sind weltweit gegenwärtig 441 Kernkraftwerke (meistens auf der Basis von angereichertem Uran, wie oben beschrieben) im Betrieb; weitere 65 befinden sich im Bau. Allerdings haben die Bedenken bezüglich der Kernenergie, vor allem wegen der Ereignisse in Tschernobyl und Fukushima sowie der ungelösten Endlager-Problematik in letzter Zeit stark zugenommen.
Bietet die Kernfusion einen Ausweg? Zunächst müssen wir zur Physik zurück! Kernfusion ist die Energiequelle der Sonne und anderer Sterne. Man versteht darunter die Verschmelzung von leichten Atomkernen – also Kernen niedriger Massenzahl zu Atomkernen höherer Masse. Da die Bindungsenergie pro Nukleon auch am Anfang des Periodensystems mit der Massenzahl zunimmt (das Maximum dieser Kurve liegt bei Fe-56), wird ebenfalls bei der Verschmelzung leichter Kerne Energie freigesetzt. In der Sonne verschmelzen Protonen in mehreren Schritten zu Helium. Für die Energieerzeugung unter irdischen Bedingungen muss die Reaktion zwischen den beiden schwereren Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium verwendet werden. Die Reaktion ist nur in einem sehr heißen ionisierten Gas (100 bis 200 Million Grad) möglich, in einem so genannten Plasma. Damit erreichen die Teilchen ausreichende kinetische Energie, um mit Hilfe des quantenmechanischen Tunneleffektes die Coulomb-Barriere zu überwinden. Im europäischen Gemeinschaftsexperiment JET (eine Anlage vom Typ Tokamak) konnte bereits 16 MW Fusionsleistung für etwa eine Sekunde erzielt werden. Mit dem im Bau befindlichen internationalen ITER-Experiment soll eine Fusionsleistung von 500 MW für mindestens 500 Sekunden bei nur 50 MW Inputleistung (d.h. bei einem Leistungsverstärkungsfaktor von 10) erzeugt werden. Nach Erreichen dieser Zielwerte könnte ein erstes stromlieferndes Demonstrationskraftwerk (DEMO) gebaut werden, allerdings vermutlich erst ab ca. 2030. Ein Fusionskraftwerk wäre inhärent sicher (z.B. keine Kettenreaktion!). Selbst bei komplettem Ausfall der Kühlung würden nur kleine Mengen an radioaktivem Tritium aus dem Kraftwerk entweichen können. Die radioaktive Abfallmenge ist erheblich geringer und von weit geringerer Radiotoxizität als bei der Kernspaltung. Bei unserer derzeitigen Energieversorgung gibt es begründete Zweifel, ob die erneuerbaren Energien durch ihren intermittierenden Charakter die Grundlast der Stromversorgung decken können, so dass die Kernfusion in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sehr wohl zum Einsatz kommen könnte.
V. Hesse: Klinische Nutzung von radioaktiver Strahlung in der modernen Radiotherapie
Als Klaproth im Jahr 1789 seine Entdeckung des Urans publizierte, war noch nicht bekannt, dass Uran radioaktive Eigenschaften besitzt.
Diese entdeckte erst mehr als 100 Jahre später der Physiker und Mineraloge Antoine-Henri Becquerel am 1. März 1896 in Paris. Becquerel beobachtete dass Uranoxid von sich aus in einem dunklen Raum ohne die Einwirkung anderer Strahlung eine Fotoplatte schwärzte, d. h., dass es eine eigene Strahlung aus- sandte. Als Ursache dieser „Radioaktivität“ entdeckte Becquerels Doktorandin Marie Curie und ihr Mann Pierre Curie 1898 die radioaktiven Substanzen Radium und Polonium und Gerhard Carl Schmidt das Thorium.
Sehr frühzeitig wurden Radium in der Medizin eingesetzt. So nutzte der Pariser Dermatologe H. A. Danlos Radium als Kontakttherapie zur Behandlung der Hauttuberkulose. Mit Radium gefüllte Röhrchen wurden bei Gebärmutterhals sowie beim Speiseröhren- und Blasenkrebs eingesetzt.
Als Schwachstrahlentherapie wurde, und wird das Element Radon bei arthritischen Beschwerden, Lungenerkrankungen und chronischen Infektionen genutzt..
Radonbäder werden auch heute noch vielfältig genutzt. (Eine Kontraindikation für eine Radonbehandlung besteht bei Kindern und Schwangeren).
Die Wirkung von extrem hohen Konzentrationen des Edelgases zeigte sich u. a. in einem Anstieg von Lungenkrebserkrankungen bei Bergarbeiter, die im Uranbergbau tätig waren. In Deutschland war dies besonders beim Uranabbau im Erzgebirge in den Jahren von 1946-1990 besonders auffällig.
Die Entdeckung von künstlichen radioaktiven Substanzen gelang der Tochter von Pierre und Marie Curie, Irene Juliot-Curie und ihrem Mann Frederic ab 1933.
Künstlich gewonnen radioktive Nuklide bzw. Isotope werden medizinisch u. a. in der Tracertechnik genutzt. Diese wurde von dem ungarischen Wissenschaftler Georg Charles de Hevesy eingeführt. (Nobelpreis 1943).
Moderne diagnostische Verfahren, wie zum Beispiel die Technetium – 99-Szintigrafie zur Diagnostik von Schilddrüsen- und Tumorerkrankungen, sind heute in der Medizin weit verbreitet und werden vielfach genutzt. Spezifische organische Radiopharmaka, die speziell an entsprechenden Tumoren zielgerichtet andocken und so das umgebende Gewebe weitgehend schonen, sind bereits gut in der Therapie eingeführt.
Von einer hohen praktischen Bedeutung ist auch weiterhin die Radiojodtherapie, die zum Teil bei der Hyperthyreose eingesetzt wird, darüber hinaus aber auch bei radio- jodsensiblen Schilddrüsentumoren eine besonders große Bedeutung hat. Der Nachweis einer Metastasierung in das Lungengewebe ist mittels der Radiojodverabreichung oft erst nach der operativen Entfernung der Schilddrüse (mit dem Schilddrüsentumor) effizient möglich. Nach der Diagnosestellung mittels einer „Spürdosis „ von Radiojod, hat eine Radiojodtherapie der pulmonalen Metastasen bei Kindern und Erwachsenen eine beachtliche Erfolgsquote.
Neuere Therapiemethoden sind u. a. dahin gehend gerichtet, dass man bei Knochenmetastasen und -tumoren durch geeignete Substanzen, wie zum Beispiel das Radium-223, bemüht ist, gezielt nur den Tumor zu behandeln und das umgebende Gewebe weitgehendst schonen. Erste positive Ergebnisse konnten mit dem Alphastrahler Radium 223 (Präparat Xofigo) erreicht werden. Beim Prostatakarzinom, das in 50-75 % der Fälle im fortgeschrittenen Stadium Knochenmetastasen aufweisen kann, wurden mit dieser Substanz eine Erhöhung der Überlebensrate und Minderung von Nebenwirkungen erreicht. Wenn auch die objektiven Ergebnisse derzeit lediglich eine Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit von 3,6 Monate ausweisen, könnte die Therapie doch ein Prinzip verkörpern, das unter optimierten Bedingungen in verzweifelten Fällen Linderung und vielleicht Heilung erreichen kann.
Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die Nuklearmedizin eine progressive medizinische Disziplin ist, die sowohl für die Diagnostik wie auch für die Therapie spezieller Erkrankungen von großer ja vielfach von entscheidender Bedeutung ist.
Das Fachgebiet der Nuklearmedizin weist aus, dass die Entdeckung der natürlichen und künstlichen Radioaktivität von großem und bedeutsamen Nutzen für die medizinische Betreuung und den Fortschritt der Medizin geworden ist.