Die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in der Zeit des Nationalsozialismus


Resolution der Gesellschaft zum Thema „Die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde und der Nationalsozialismus“:
Die „Gesellschaft für Natur und Heilkunde in Berlin (gegründet 1810)“ hat auf ihrer Sitzung am 7. Juni 2011 (siehe auch Rundschreiben 2011-6 der GNH) folgende Resolution verabschiedet:

Text der Entschließung der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Berlin (GNH)
zum Thema: „Die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Berlin und der Nationalsozialismus“.

„Die GNH und ihre Mitglieder sind sich ihrer Verantwortung für eine offene Auseinandersetzung mit den Verbrechen bewusst, die in der Zeit des Dritten Reiches unter aktiver Beteiligung oder mindestens Duldung von Wissenschaftlern insbesondere der Medizin systematisch begangen und durch die staatliche Missachtung ethischer Prinzipien gedeckt wurden. Für diese Verbrechen, an denen auch einzelne Mitglieder der GNH in amtlicher Funktion und Zuständigkeit beteiligt waren, gibt es keine Rechtfertigung. Sie verstießen nicht nur gegen grundlegende Menschenrechte, insbesondere gegen Menschenwürde und das Recht auf Unverletzlichkeit des Körpers, sondern auch gegen elementare Grundsätze wissenschaftlichen und praktisch-medizinischen Handelns, auf die wir uns als Mitglieder der GNH verpflichtet sehen.
Wir verurteilen die entsetzlichen Geschehnisse, die im Namen einer unmenschlichen Wissenschaft stattgefunden haben. Wir distanzieren uns von den daran Beteiligten, verurteilen aber auch die schweigende Duldung durch die daran nicht unmittelbar Beteiligten. Dabei ignorieren wir nicht die Gewissenskonflikte, in denen die damaligen Täter ebenso wie die darüber nur Informierten im Einzelfall gestanden haben mögen. Menschliche Schwäche unter dem Druck äußerer Repression, gesellschaftlicher Ächtung oder gar unmittelbarer Lebensgefahr ist verständlich, aber nicht verzeihlich.
Wir wissen es zu schätzen, dass wir unser heutiges Urteil im Schutze allgemein akzeptierter ethischer und rechtlicher Grundsätze, in der Sicherheit einer demokratischen Ordnung und aus historischem Abstand bilden und frei äußern können. Wir missbilligen das lange Schweigen der GNH zu den Verfehlungen auch einiger ihrer eigenen früheren Mitglieder. In der Verpflichtung zur Wahrhaftigkeit und in Respekt vor den damaligen Opfern betrachten wir es als unsere Pflicht und Aufgabe, die Erinnerung an die menschenverachtenden Versuche und die dadurch verletzten Normen ethischen Verhaltens auch als Mahnung an zukünftige Generationen wach zu halten.“